Fuji X-Fujinon-T 135mm f3.5 EBC

 

Das Fujica-X-System fand in Deutschland im Gegensatz zum Rest der Welt in den 1980er-Jahren einige Verbreitung.

Dies lag weniger an den Original Fuji-Produkten, sondern vor allem an der Tatsache, dass der größte deutsche Fotohändler, Photo Porst,  Kameras und Objektive umgelabelt unter seinem Namen vertrieb.

Aber es gibt natürlich auch einige Original-Kameras und Objektive im System, und eines dieser Objektive ist das 

Fuji X-Fujinon-T 135mm f3.5 EBC,

das ich euch hier vorstelle.

 

 

Und so sieht das gute Stück aus:

 

Das Fujinon hat folgende technische Daten und Eigenschaften:

 

Anschluss: Fujica-X-Bajonett

Gewicht: 290g

Länge: 79mm

Blende: von f3.5 bis f22, in ganzen Blendenstufen rastend, 6 Blendenlamellen

Optisches System: 4 Elemente in 4 Gruppen

Filterdurchmesser: 49mm

Naheinstellgrenze: 1,5m (mit zusätzlichem Helicoid-Adapter ca. 85cm)

 

Adaptiert an die Sony Alpha 7RIII habe ich das Objektiv mit einem von einem Fotokollegen gebauten Helicoid-Adapter.

Dieser besteht aus einem abgedrehten Fujica-X auf Sony-Adapter (der den Pin zur Blendenbetätigung hat), einem M42-Helicoid und einem Slim-M42 auf Sony-E-Mount-Adapter.

Im nicht ausgedrehten Zustand ist so problemlos unendlich möglich:

 

 

Mit ausgedrehtem Helicoid wird eine weitere Fokussierung in den Nahbereich möglich (quasi ein flexibler Zwischenring):

 

 

Adaptiert an die Sony Alpha 7RIII ergibt sich eine etwas frontlastige Kombination, was jedoch für eine Tele-Brennweite normal ist. Auffällig ist der schmale Objektivdurchmesser.

 

Die Haptik und Optik des Objektives sind 1980er-Jahre typisch.

 

Bis auf die (leider durch den Verlust der Weichmacher schon etwas ausgegrauten) gummierten Teile ist es  komplett aus Metall und Glas gefertigt, der Fokusring dreht auch nach knapp 40 Jahren noch weich und gleichmäßig.

 

Der Blendenring klickt mit angenehmem Widerstand in seine Rastpositionen.

 

Hier einige Bilder der Kamera-Objektiv-Kombination:

 

Bildschärfe

 

Wie in all meinen Tests beginne ich direkt mit dem für viele wichtigsten Kriterium :

 

Der Bildschärfe.

 

Hierzu habe ich ein Testmotiv gewählt, bei dem sowohl der gewählte Fokuspunkt im Bildzentrum (das Haus in der vorderen Reihe rechts der nach oben führenden Straße) als auch die rechte obere Bildecke in einer Fokusebene liegen.

 

Man sieht die auf dem Blendenring aufgedruckten Blendenstufen in der Reihenfolge 

f3.5 - f5.6 - f8 - f11 - f16:

 

 

Gut sichtbar ist eine relativ deutliche Vignettierung bei f3.5.

Diese ist bei f5.6 schon sichtbar gemildert, verschwindet aber erst bei f8.

 

Zur genauen Schärfebeurteilung folgen 100%-Vergrößerungen aus der Bildmitte bei den gleichen Blendenstufen:

 

 

Hier gibt es nicht viel zu berichten (im positiven Sinn):

bei f3.5 und f5.6 ist die Schärfe sehr gut,

bei f8 und f11 hervorragend und bei f16 beugungsbedingt wieder sehr gut.

 

Auch aus der rechten oberen Bildecke habe ich 100%-Vergrößerungen:

 

 

Bei allen Blendenstufen sieht man ganz leichte laterale chromatische Aberrationen,

diese können aber heute problemlos in der Bildbearbeitung per "Häkchen setzen" vollkommen entfernt werden.

 

Schärfetechnisch ist das Fujinon auch in der Bildecke spitze.

Sehr gut bei f3.5 und f5.6, bei f8 und f11 hervorragend und bei f16 wieder sehr gut.

 

 

Im Kapitel Bildschärfe ist das Fujinon wirklich eine runde Sache.

Sehr gute Schärfe bis in die Bildecken ab Offenblende,

hervorragend bei f8 und f11.

Wirklich außergewöhnlich gut für ein altes Objektiv.

Portraits

135mm ist natürlich eine der klassischen Portraitbrennweiten.

Die erhöhte Kompression macht das Ausblenden von störenden Hintergrundstrukturen erheblich leichter.

 

Ich habe einige winterliche Portraits mit dem Fujinon angefertigt auf unterschiedliche Distanzen, stets bei Offenblende f3.5.

 

Bei den Schwarz-Weiß-Bildern ist eine Vignette in der Bildbearbeitung hinzugefügt, diese stammt nicht vom Objektiv.

 

Hier einige Beispiele auf Kopf+Schulter-Distanz:

 

 

Wie man in den Bildern schön sehen kann, ist die Schärfe auch auf diese Distanz bei Offenblende sehr gut. 

Bei den ersten beiden Bildern ist auch das Hintergrundrendering sehr schön weich,

bei den beiden Bildern im Wald sieht man schon etwas mehr an Strukturen.

 

 

Auf Halbkörper-Distanz gefällt mir das Rendering des Objektives gut.

Man erhält eine schöne Freistellung, ohne dass der Hintergrund komplett "weggeplättet" wird.

Die Hintergrundstrukturen können dabei unauffällig sein wie in den ersten Beispielbildern,

oder auch leicht grisselig werden wie bei den letzten 4 Beispielbildern.

 

 

Überraschenderweise gefällt mir das Rendering des Objektives am Besten auf Ganzkörperdistanzen.

Natürlich braucht man dann genug Platz zwischen sich und dem Model, da wird die Kommunikation schon schwieriger.

Aber man wird dann mit einem sehr harmonischen Rendering belohnt, das bei mir auch kaum den Wunsch nach mehr Freistellung aufkommen lässt.

 

Verzeichnung

Es gibt eine sehr geringe kissenförmige Verzeichnung,

diese ist kaum erwähnenswert.

 

Hintergrundrendering und Bokeh

Die Brennweite von 135mm ist bei mir eigentlich immer eine "Details" - Brennweite. 

 

Um hier zu überzeugen, muss natürlich neben der Bildschärfe auch das Rendering der unscharfen Bereiche "schön" sein - wobei dieses "schön" sehr stark vom persönlichen Geschmack abhängt.

Die Einen bevorzugen möglichst weiches Rendering ohne Reststrukturen, die Anderen lieben ein "busy Bokeh" mit vielen Strukturen - und natürlich gibt es alle möglichen Abstufungen zwischen diesen beiden Extremen.  

 

Die folgenden Bilder sollen helfen, das X-Fujinon hier besser einzuordnen.

 

Dazu habe ich am "bekannten" Durchgang eine Blendenreihe f3,5 - f5.6 - f8 - f11vorbereitet,

die euch die Entwicklung der Hintergrundunschärfe beim Abblenden zeigt:

 

 

Das X-Fujinon gehört nicht zu den "cremigsten" Vertretern dieser Brennweitenklasse.

Bei Offenblende f3.5 gelingt es ihm "gerade so" noch, die Hintergründe weich aufzulösen,

aber man erkennt schon erste Tendenzen zum Outlining und der Schärfe-Unschärfe-Übergang wirkt etwas unharmonisch.

Durch Abblenden wird das "Grisselige" noch verstärkt.

 

Auch mein zweites wiederkehrendes Motiv zur Bokeh-Beurteilung habe ich hier für euch:

 

 

Auf nähere Distanz wird das Bokeh deutlich weicher und ruhiger. Auch Outlining ist auf diese Distanz kein Thema.

 

Bildrendering auf kurze Distanzen

Wie man anhand der obigen Beispiele schon sehen konnte,

hat das X-Fujinon seine Stärken eher auf kurze Distanzen.

 

Die Schärfe ist hierbei sehr gut,

auch ein Verkürzen der nativen Nahgrenze von 1,5m mittels des Helicoid-Adapters führt nicht zu Schärfeeinbußen.

 

Das Fujinon rendert auf diese kurzen Distanzen die Hintergründe sehr schön weich und smooth,

die Bokehbubbles sind angenehm unbegrenzt.

 

Es gibt kaum eine Tendenz zum Swirl und auch Catseyes gibt es erst weit am Rand.

  

Farbfehler / Chromatische Aberrationen

 

Die Korrektur auf Farbfehler ist sehr ordentlich gelungen,

es gibt kaum laterale chromatische Aberrationen (siehe im Kapitel Bildschärfe).

 

Und auch longitudinale chromatische Aberrationen sind kaum ein Thema.

Bei kritischen Situationen und extremen Vergrößerungen kann man an Kontrastkanten leichte Spuren von Magenta/Lila vor der Schärfeebene und Grün hinter der Schärfeebene finden.

 

Hier ein Bild von Chromösen mit den jeweiligen Vergrößerungen:

 

 

In "Real World"-Bildern sieht man höchstens in den Unschärfebereichen bei Highlights etwas grünes Bokeh-Fringing, sonst ist das Fujinon beim Thema Farbfehler sehr unauffällig.

Bildrendering auf mittlere und weitere Distanzen

 

Auf mittlere und weitere Distanzen ist das Bildrendering des Fujinon bei Offenblende nicht ganz so harmonisch.

 

Outlining ist oft präsent und kleine Elemente im Hintergrund werden gerne grisselig.

Schön sind hingegen die guten Kontraste, die ebenso wie die gute Schärfe trotzdem zu einer gewissen Freistellfähigkeit beitragen. 

 

Auch die Unschärfebereiche vor dem anfokussierten Motiv sind nicht so schön weich und smooth, wie man das gerne hätte.

 

 

Auf weite Distanz habe ich hier noch ein Motiv für euch bei den Blendenstufen f3.5, f5.6 und f8 fotografiert.

Der Fokus lag auf dem Baum in der Mitte.

Auch hier kann man neben der sehr guten Mittenschärfe ab Offenblende die etwas nervöse Unschärfezeichnung bei allen drei Blendenstufen im Vordergrund sehen.

 

Fokuspaar

Zum Abschluss noch ein Fokuspaar vom gleichen Standpunkt aus,

einmal auf den Zweig im Vordergrund und einmal auf den Hochsitz im Hintergrund fokussiert: 

 

Mein Fazit

Das Fuji X-Fujinon 135mm f3.5 EBC ist ein sehr ordentlicher Vertreter seiner Brennweitenklasse.

 

Die Bildschärfe ist für ein altes Objektiv  fast schon sensationell ausgeglichen über das komplette Bild.

Sehr gute Schärfe bis in die Bildecke ab Offenblende, bei f8 sogar hervorragend.

 

Als klassische Portrait-Festbrennweite kann das X-Fujinon durchaus überzeugen.

Vor allem Kopf- und Ganzkörperdistanzen gefallen mir sowohl schärfe- als auch renderingtechnisch gut, auf Halbkörperdistanzen werden die Hintergründe gerne etwas zu nervös.

 

Verzeichnung ist kaum ein Thema, ebenso sind chromatische Aberrationen gut korrigiert.

 

Am Besten gefallen mir mit dem X-Fujinon Bilder auf kurze Distanz. Für kleine und mittlere Details hat es genau die richtige Schärfe, und auch das Rendering ist meist schön smooth.

Auf mittlere und weitere Distanzen ist mir das Bokeh oft zu strukturiert.

 

Eine richtige Empfehlung kann ich für das Objektiv also nicht aussprechen,

denn dazu ist die Konkurrenz in diesem Brennweitenbereich zu stark.

 

Im gleichen System gibt es das Fuji X-Fujinar 135mm f2.8, dass neben der geringfügig höheren Lichtstärke nirgends wirklich schwächer ist, aber in meinen Augen viel harmonischer zeichnet, und hinzukommend noch deutlich günstiger gehandelt wird.

 

Außerhalb des Systemes ist z.B. das Olympus OM Zuiko 135mm f2.8  zur Adaption eine  attraktivere Lösung zum ähnlichen Gebrauchtpreis.

 

 

Ich freue mich über eure Gedanken und Anregungen zu Test und Objektiv im Kommentarfeld!

 

Diese Tests von Objektiven mit vergleichbarer Brennweite könnten auch interessant sein:

 

These tests of lenses with comparable focal length might also be interesting:

 

 

Carl Zeiss Super-Dynarex 135mm f4

Fuji X-Fujinar 135mm f2.8

 

Kowa SER 135mm f4

- Olympus OM-Zuiko 135mm f2.8

Steinheil Cassarit 135mm f4.5

Tokyo Kogaku RE Auto-Topcor 135mm f3.5

Vivitar 100-200mm f4 Close Focusing Zoom

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Rene Pawlitzek (Montag, 03 Juli 2023 21:59)

    Unter den besten EBC X-Fujinon Objekte sind angeblich das f2.8 / 24mm, das f3.5/28mm, das f3.5/55mm Macro, das f1.6 / 55mm und das f2.8 / 100mm. Die sehr gut Qualität dieser Linsen kann ich bestätigen. Das f3.5 / 135mm gefällt mir aber auch richtig gut. In ihrem Vergleich mit dem Fujinar f2.8 / 135mm finde ich das Fujinon auch besser. Es hat einfach schönere Farben. Hier noch ein Bild vom f3.5 / 135mm:
    https://www.facebook.com/photo/?fbid=796351588840444&set=gm.1444231933079736&idorvanity=267329087436699

  • #2

    Nikolaus Burgard, Autor (Sonntag, 09 Juli 2023 09:44)

    Ja, für das 28mm f3.5 und das 55mm f1.6 kann ich dies bestätigen, das sind sehr gute, ausgewogene Objektive.
    Ihrer Wertung zum Fujinon/Fujinar kann ich mich leider nicht anschließen. In meinen Augen ist das Fujinar das ansprechendere Objektiv.