Fuji X-Fujinar 135mm f2.8

Das Fujica-X-System fand in Deutschland im Gegensatz zum Rest der Welt in den 1980er-Jahren einige Verbreitung. Dies lag weniger an den Original Fuji-Produkten, sondern vor allem an der Tatsache, dass der größte deutsche Fotohändler, Photo Porst,  Kameras und Objektive umgelabelt unter seinem Namen vertrieb.

So gibt es einige Kameras und Objektive im System, die sowohl unter dem Fuji-"Marken"-Namen als auch baugleich unter dem Porst-Namen verkauft wurden.

Eines dieser Objektive ist das 

Fuji X-Fujinar 135mm f2.8

das ich euch hier vorstelle.

Neben dem Namen X-Fujinar gibt es dieses auch baugleich unter 2 anderen Namen.

Hergestellt beim japanischen Optikkonzern Komine, wurde es auch als X-Kominar 135mm f2.8 und als Porst Tele X-M 135mm f2.8 verkauft.

Das Fujinar hat folgende technische Daten und Eigenschaften:

 

Anschluss: Fujica-X-Bajonett

Gewicht: 440g

Länge: 85mm

Blende: von f2.8 bis f16, in ganzen Blendenstufen rastend, 6 Blendenlamellen

Optisches System: 4 Elemente in 4 Gruppen

Filterdurchmesser: 55mm

Streulichtblende: integriert, ausziehbar

Naheinstellgrenze: 1,5m (mit zusätzlichem Helicoid-Adapter ca. 85cm)

 

Adaptiert an die Sony Alpha 7RIII habe ich das Objektiv mit einem von einem Fotokollegen gebauten Helicoid-Adapter. Dieser besteht aus einem abgedrehten Fujica-X auf Sony-Adapter (der den Pin zur Blendenbetätigung hat), einem M42-Helicoid und einem Slim-M42 auf Sony-E-Mount-Adapter. Im nicht ausgedrehten Zustand ist so problemlos unendlich möglich:

Mit ausgedrehtem Helicoid wird eine weitere Fokussierung in den Nahbereich möglich (quasi ein flexibler Zwischenring):

Hier seht ihr Adapter und Objektiv auf einen Blick:

Adaptiert an die Sony Alpha 7RIII ergibt eine etwas frontlastige Kombination, was jedoch für eine Tele-Brennweite normal ist. Auffällig ist der schmale Objektivdurchmesser.

Die Haptik und Optik des Objektives sind 1980er-Jahre typisch. Bis auf die gummierten Teile komplett aus Metall und Glas gefertigt, der Fokusring dreht auch nach knapp 40 Jahren noch weich und gleichmäßig. Der Blendenring klickt mit angenehmem Widerstand in seine Rastpositionen.

Einzig die ausziehbare Gegenlichtblende hält ihre Position nicht mehr immer, da muss man von Zeit zu Zeit überprüfen, ob sie noch korrekt sitzt.

Hier einige Bilder der Kamera-Objektiv-Kombination:

Portraits

135mm ist eine der beliebtesten langen Portrait-Brennweiten. Und für diesen Zweck eignet sich das Fujinar hervorragend. Es bietet vor allem bei Kopf- oder Oberkörperportraits eine schöne Freistellung und eine sehr gute Bildschärfe schon bei Offenblende.

 

Hier exemplarisch ein Beispiel für die erreichbare Bildqualität. Die tiefstehende Sonne stand rechts hinter mir, links von mir war eine große, helle Wand, die das Sonnenlicht reflektierte. So ergab sich eine fast gleichmäßige "natürliche" Beleuchtung beider Gesichtshälften. Neben dem Gesamtbild habe ich einen 100%-Crop des fokussierten Auges angefügt. Die Bildschärfe bei Offenblende f2.8 ist einfach klasse für solche Portraitdistanzen, und das Hintergrundrendering sehr schön weich.

Das Rendering auf diese Oberkörper-Distanz ist eigentlich immer sehr schön harmonisch, egal wie weit der Hintergrund entfernt ist, und die Bildschärfe über alle Zweifel erhaben:

Auf Ganzkörperdistanzen bleibt das weiche Hintergrundrendering erhalten, allerdings machen sich hier leichte Abbildungsfehler bemerkbar. Die sphärische Aberration legt auf größere Distanzen einen leichten "Schleier" über die Aufnahmen, die dann nicht mehr so knackscharf erscheinen. Und auch die longitudinalen chromatischen Aberrationen  werden in Form von leichtem "Purple Fringing" z.B. an den Chromteilen der Kamera sichtbar. Aber all dies ist Jammern auf sehr hohem Niveau....

Für den Personen-"Einsatz" ist das Objektiv in meinen Augen wirklich eine Empfehlung wert,

es hat mir in diesem Bereich viele schöne Bilder beschert.

Und es hat mir gezeigt, dass das Objektiv wohl in der Konstruktion eher auf nähere Bereiche  optimiert wurde. Denn vor allem im Nahbereich kann das Fujinar sehr überzeugen

Rendering und Bildschärfe im Nahbereich

Besonders für Detailaufnahmen hat das Fujinar einen festen Platz in meiner Fototasche.

Es überzeugt hier neben sehr guter Schärfe auch mit sehr schönen, harmonisch weichen Hintergründen.

 Das Rendering zeigt eine moderate Neigung zu Katzenaugen/Catseyes in den Eckbereichen (aufgrund der mechanischen Vignettierung - nicht überraschend bei der kleinen Frontlinse), und auch hier sind leichte Farbfehler in Form von Bokeh-Fringing bei genauem Hinsehen zu finden.

Rendering und Bildschärfe im Nahbereich mit zusätzlichem Helicoid (oder vergleichbarem Zwischenring)

Auch bei noch näherer Fokussierung (also außerhalb des Bereiches, für den das Objektiv eigentlich gerechnet wurde), bricht das Fujinar nicht ein. Sowohl Bildschärfe als auch der Kontrast bleiben voll erhalten und machen es ideal für kleine Details mit schönem, homogenem Hintergrund.

 

Hier einige Bildbeispiele. Links jeweils das Gesamtbild, rechts daneben eine 100%-Vergrößerung vom Fokuspunkt zur Illustration der Bildschärfe:

Wirklich toll, welche Details das Objektiv zu zeigen vermag. Hier einige weitere Bilder aus dem Nahbereich unterhalb der eigentlichen Mindestdistanz:

Rendering auf mittlere und weite Distanzen

Auch auf mittlere und weite Distanzen macht das Fujinar bei Offenblende f2.8 einen sehr guten Eindruck.

Die Bildschärfe und das allgemeine Rendering bleiben sehr harmonisch,

die Out-of-Focus-Darstellung bleibt weich.

Auch bei schwierigen Lichtbedingungen bleibt es beim Hintergrundrendering mit leichten Bubbles, die natürlich kleiner als im Nahbereich dargestellt werden.

Um die Veränderung des Bildrenderings auf größer werdende Distanzen zu zeigen, hier eine kleine Reihe des gleichen Motives bei immer größerem Aufnahmeabstand:

Bereits bei Abblendung auf f5.6 wird das Bild auf etwas weitere Distanzen über die komplette Diagonale scharf:

Bei f8 erfährt die Eckschärfe noch eine leichte Steigerung und das Objektiv ermöglicht knackscharfe Landschaftsaufnahmen.

Bildschärfe auf weite Distanz

Um die bisherigen Aussagen zur Bildschärfe etwas in den Kontext zu bringen,

habe ich auf weite Distanz eine Schärfereihe vom Stativ erstellt,

bei der sowohl die anfokussierte Bildmitte als auch die Bildecke in einer Schärfeebene liegen.

 

Zuerst die Gesamtaufnahmen im Überblick. Die Blendenwerte sind:

f2.8 - f4 - f5.6 - f8 - f11 

Direkt in den Gesamtaufnahmen sieht man die leichte Eck-Vignettierung bei f2.8,

die sich aber bereits bei f4 in Luft auflöst. Ab diesem Blendenwert gibt es keine für mich sichtbare Vignette mehr.

 

Als nächstes folgen die 100%-Vergrößerungen (einer 42MP-Datei) aus der anfokussierten Bildmitte.

Ebenfalls in der Reihenfolge f2.8 - f4 - f5-6 - f8 - f11 

Wir starten bei f2.8 schon auf gutem bis sehr gutem Schärfeniveau. Das Bild erscheint aber noch nicht knackig, weil es leicht von der sphärischen Aberration überlagert wird und es ganz feine Reste von chromatischen Aberrationen gibt.

Diese beiden Überlagerungen verschwinden bei f4 vollständig und die Schärfe verbessert sich auf sehr gutes Niveau - lediglich die Kontraste sind noch nicht voll da.

Ab f5.6 sind Schärfe und Kontraste in der Bildmitte ausgezeichnet, bei f11 sieht man erste Anzeichen der Diffraktion.

 

In der äußersten Bildecke oben rechts stellt sich das folgendermaßen dar (die Reihenfolge bleibt unverändert f2.8 - f4 - f5.6 - f8 - f11):

Wir starten bei f2.8 schon auf gutem Schärfeniveau, aber das Bild wird von der sphärischen Aberration stark überlagert und wirkt verschleiert. Auch die Vignettierung ist gut erkennbar,

ebenso die chromatischen Aberrationen an den Fensterkanten. Es scheint sich um longitudinale chromatische Aberrationen zu handeln, denn mit jedem Abblenden verbessern sich diese deutlich, um bei f8/f11 komplett zu verschwinden.

Bei f4 bleibt die Schärfe fast unverändert, aber die Verschleierung und die Vignette verschwinden.

Bei  f5.6 erreichen Schärfe und Kontrast ein sehr gutes Niveau, nur die leichten Farbfehler sind noch sichtbar.

Bei f8 und f11 ist die Schärfe in der äußersten Ecke hervorragend, da gibt es nichts mehr zu meckern.

 

 

Meine Einschätzung:

 

Auf weite Distanz hat das Objektiv eine gute Schärfeauslegung.

In der Bildmitte ab Offenblende sehr gut zu gebrauchen,

für Schärfe bis in die Bildecken muss man auf f5.6 abblenden.

Bei f8 sind auch die letzten Fehler eliminiert und das Fujinar ist hervorragend bis in die äußerste Ecke.

 

Wie meine Bilder aus dem Nahbereich zeigen, ist es offenblendig eher auf kürzere Distanzen optimiert. Auf und unterhalb von Portraitdistanzen ist es bei Offenblende schon sehr, sehr gut.

 

Farbfehler (Chromatische Aberrationen)

Dies ist einer der Schwachpunkte des Objektivs. 

Die longitudinalen chromatischen Aberrationen zeigen sich in vielen Situationen. Vor allem in Form von Bokehfringing, an Kontrastkanten gegen den Himmel oder an Metallteilen.

Hier 3 Bilder, die das Ausmaß gut zeigen. Zuerst das Übersichtsbild, hier kann man die Kanten bei genauem Ansehen schon erkennen. Dann folgt eine Vergrößerung hinter der Schärfeebene, die die grünen Farbfehler schön zeigen. Das 3. Bild ist eine Vergrößerung von vor der Schärfeebene - hier kann man die magenta/lila Spuren gut sehen:

Auch hier an den Kontrastkanten gegen den Himmel kann man die Farbfehler schon im Gesamtbild sehen:

Gut korrigiert ist das Objektiv auf laterale chromatische Aberrationen, hier konnte ich in allen Aufnahmen keine Probleme finden.

 

Verhalten gegen die Sonne /Flares / Sonnensterne

In dieser Kategorie kann man, wenn man möchte, jedes Objektiv schlecht aussehen lassen.

Generell finde ich das Fujinar für ein Objektiv der 1980er-Jahre sehr überzeugend in dieser Disziplin.

Es gab eigentlich kaum Situationen, in denen mir die Sonne Probleme bereitet hätte.

 

Bei tiefstehender Sonne im direkten Gegenlicht (die Sonne direkt außerhalb des oberen Bildrandes) gab es einen sichtbaren Kontrasteinbruch:

Hier bei Offenblende mit der Sonne im Bildfeld gibt es auch einen leichten Schleier:

Abgeblendet auf f16, um einen definierten Sonnenstern zu bekommen,

schlägt sich das Objektiv sehr gut. Keine sichtbaren Flares oder Blobs.

Der Sonnenstern ist in meinen Augen mit seinen 6 Strahlen, die auch noch relativ zerfasert sind, nicht sonderlich attraktiv.

Classic Car and classic lens....

Ich möchte euch noch eine kleine Bildserie zeigen.

Auf meinem Nachhauseweg "lief" mir im schönsten Abendlicht dieser wunderschöne BMW 528 über den Weg.

Natürlich musste ich einige Impressionen davon aufnehmen (alle Bilder sind bei Offenblende):

Meine Einschätzung:

Das Fuji X-Fujinar 135mm f2.8 ist ein sehr gutes, lichtstarkes 135mm-Objektiv

(ketzerische Frage: gibt es da Schlechte?).

 

Die Offenblendleistung ist auf kürzere Distanzen (Portraitbereich) optimiert,

aber auch auf weite Distanzen weiß das Fujinar zu überzeugen:

In der Bildmitte bereits bei Offenblende gut nutzbar, ab f5.6 scharf bis in die äußerste Ecke.

 

Das Bokeh ist im Nahbereich sehr schön weich und ausgewogen, es ist kaum Outlining zu finden.

Es gibt eine leichte Tendenz zu Catseyes, die Hintergrundhighlights bleiben aber weich und unbegrenzt.

Auf mittlere Distanzen wird das Bokeh etwas "kleinteiliger", bleibt aber harmonisch und wird nicht zu nervös.

 

Überraschend gut schlägt sich das Objektiv gegen die Sonne. Nur wenige Flares und gelegentlich leichte Kontrastverluste, vor allem wenn die Sonne knapp außerhalb des Bildes steht.

 

Größter Schwachpunkt sind die sichtbaren Farbfehler, in diesem Fall die longitudinalen chromatischen Aberrationen, die sowohl an Metallkanten wie auch an Kontrastkanten oft prominent sichtbar werden. Hier genügen meist aber wenige Klicks in der Bildbearbeitung, um diese verschwinden zu lassen.

 

Mir hat das Fujinar während meines Tests einige sehr schöne Bilder beschert,

von denen ich euch zur Abrundung des Tests eine Auswahl hier in der 

 

Bildergalerie

zeigen möchte. Eure Gedanken und Andregungen dürft ihr mir gerne im Kommentarbereich hinterlassen!

 

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