7Artisans ist eine junger Optikhersteller aus China,
der sich ganz der Produktion manueller Objektive widmet.
Neben von klassischen Vorbildern inspirierten optischen Rechnungen,
bietet 7Artisans eine ultralichtstarke Serie an Festbrennweiten für APS-C-Kameras an.
Neben dem 25mm f0.95 und dem 35mm f0.95 gibt es seit vergangenem Jahr das
7Artisans 50mm f0.95,
das ich euch hier vorstellen möchte.
Das 7Artisans ist hervorragend verarbeitet. Der Tubus ist komplett aus Metall, und alle Ringe laufen weich und geschmeidig. Besonders für die Filmer dürfte die clicklose Blende sehr interessant sein.
Hier ein kleines weihnachtliches "Unboxing" des Objektives, fotografiert mit dem Isco Cinelux 80mm f2:
Das Objektiv ist für Kameras mit APS-C-Sensor (z.B. erhältlich für Sony A6xxx, Fuji FX, Canon Eos-M) gerechnet, bei mir kommt es an der Sony Alpha 6500 und der Sony Alpha 7RIII (im APS-C-Modus) zum Einsatz.
Hier einige technische Daten:
Optisches System: 7 Linsen in 5 Gruppen (davon 2 ED-Glas-Elemente, keine asphärischen Linsen)
Blende: von f0.95 bis f16, stufenlos verstellbar (clickless), 13 Blendenlamellen
Gewicht: 420g
Länge: 58mm
Filterdurchmesser: 62mm
Naheinstellgrenze: 45cm
Preislich liegt es hier in Europa bei ca. 250€, auf der offiziellen Seite des Herstellers
50mm f/0.95 APS-C lens for E/EOS-M/R/FX/M43/Z – Official 7Artisans Store
kostet es 209 Dollar, wobei hier (Versand aus China) auch noch Zoll- und Frachtkosten hinzuzurechnen sind.
Um die Bildschärfe auf eine mittlere Distanz von wenigen Metern zu zeigen, habe ich eine Blendenreihe der auf dem Blendenring aufgedruckten Markierungen von
f0.95 - f1.4 - f2 - f2.8 - f4 - f8 -f16
für euch erstellt.
Motiv ist eine Spielplatz-Hängebrücke, die anfokussierte Bildmitte und der Bildrand liegen in einer Schärfeebene.
Für den Überblick hier die Gesamtbilder:
Um eine genaue Beurteilung zu ermöglichen, habe ich aus diesen Bildern extreme Vergrößerungen des Fokuspunktes (der 3. Verschraubungsknubbel von links in der oberen Reihe)
In der Bildmitte starten wir bei f0.95 schon auf gutem Schärfeniveau. Die sphärische Aberration sorgt noch für einen etwas weicheren Schärfeeindruck, auch die Kontraste sind noch nicht voll da.
Bereits bei f1.4 gibt es einen Sprung auf ein sehr gutes Schärfeniveau, auch die sphärische Aberration verschwindet.
Bei f2 werden auch die Kontraste knackig, und die Bildschärfe bewegt sich auf ausgezeichnetem Schärfeniveau.
Bei allen anderen Blendenwerten zwischen f2 und f8 bleibt die Leistung äquivalent zu f2, erst bei f16 wird ein sehr geringer Schärfeabfall aufgrund der Beugung sichtbar.
Zur Bewertung der äußersten Bildecke habe ich den Knubbel oben links im Gesamtbild herangezogen:
In der Bildecke sieht die Bewertung schon anders aus:
Wir starten bei Offenblende auf schwachem Niveau, welches bis f2.8 bei minimaler Verbesserung auch schwach bleibt.
Bei f4 gibt es einen Schärfesprung auf ordentliche Werte. f8 verbleibt hierzu sehr ähnlich.
Erst bei maximaler Abblendung auf f16 wird die äußerste Bildecke sehr scharf.
Insgesamt also eine praxisgerechte Auslegung. Ab Offenblende in der Mitte gut, ab f1.4 sehr gut - ab f2.8 hervorragend. Abblenden muss man auf f4, um auch in den Bildecken Details zu erhalten. Erst bei Werten oberhalb f8 wird es bis in die Ecken knackscharf.
Für Details an der Naheinstellgrenze bleibt oben gezeigte Einschätzung gleich. Hier kommt der Glow bzw. Schleier der sphärischen Aberration etwas mehr zum Tragen als auf mittlere Distanzen.
Auch hierfür habe ich eine Reihe bei den aufgedruckten Blendenwerten für euch angefertigt, nur f16 habe ich hier weggelassen:
Neben der Schärfeleistung lässt diese Bildreihe auch eine gute Bewertung des Bokehs auf kurze Motivdistanzen zu. Die Hintergründe sind wunderbar cremig bei allen Blendenstufen, auch Outlining ist hier kein Thema. Sehr schön!
Die folgende Blendenreihe (f0.95 - f1.4 - f2 - f2.8 - f4) habe ich angefertigt, um den Einfluss der Blendenlamellen auf die Hintergrundhighlights darzustellen.
Dank der 13 Blendenlamellen bleiben diese bei diesem Beispiel selbst bei f4 kreisrund ohne sichtbaren Strukturierung durch die Blendenform:
Dies ist leider nicht immer der Fall. Bei der folgenden Bilderreihe kann man beim Abblenden die Blendenform durchaus erkennen. Schade, hier hätte man bei der hohen verbauten Lamellenzahl durchaus auch ein besseres Ergebnis erzielen können.
Außerdem fallen bei den Highlights in der Bildmitte Störstrukturen in den "Bubbles" auf, sie könnten von einer nicht perfekten Politur der Linsensätze stammen.
f0.95 - f1.4 - f2
Interessant ist aber die Entwicklung der Highlights. Bei f0.95 gibt es sehr ausgeprägte "Catseyes", bereits relativ weit zur Bildmitte hin, nicht nur in den Randbereichen.
Abblenden auf f1.4 beseitigt diese vollkommen, und man erhält fast kreisrunde Scheiben bis zum Rand.
In der Praxis ist das Rendering auf kurze Distanzen sehr schön.
Bei guter Motivschärfe werden die Hintergründe sehr schön weich aufgelöst.
Selbst bei kritischen Strukturen gelingt es dem Objektiv gut, diese auszublenden.
Hierfür einige Bildbeispiele:
Auf Distanzen von plus/minus 1m Meter zum Motiv bleibt das Rendering auch dann schön weich, wenn die Bildhintergründe weit entfernt sind.
Bei folgender Reihe lag der Fokus auf der ca. 1m entfernten vorderen Kante, Distanz zu den Häusern im Hintergrund sind ungefähr 50m.
Die Blendenwerte sind f0.95 - f1.4 - f2 - f2.8 - f4 - f8:
Die Hintergründe bleiben über alle Blendenstufen bei steigender Tiefenschärfe schön weich.
Kaum Outlining, keine Tendenz zum Swirl - auch die Büsche und Sträucher "auf halber Distanz" zu den Häusern werden angenehm aufgelöst.
Weitere Beispiele auf ähnliche Distanz:
Bei einem 50mm f0.95-Objektiv für APS-C (entspricht an Kleinbild einem 75mm f1.4) ist natürlich besonders das Rendering für Personenaufnahmen interessant.
Und hier ist das 7Artisans voll in seinem Element. Bereits bei f0.95 ist die Schärfe absolut in Ordnung und ausreichend - und hier "hilft" auch der sanfte Glow der sphärischen Aberration.
Die sehr schönen, weichen Hintergründe tragen ihren Teil zur guten Portraittauglichkeit bei,
ebenso wie die Tatsache, dass auch bei am Rand liegenden Motiven bei Fokussierung auf diese die Schärfe gut bleibt.
Das Objektiv verzeichnet sichtbar tonnenförmig:
Da es jedoch keine schnurrbartartige Verzeichnung gibt, kann diese auch mittels der Bildbearbeitung (in meinem Fall Lightroom) leicht korrigiert werden.
Hier ein Beispiel ohne Korrektur und bei einem Korrekturwert von +5:
Bei kritischen Motiven wie Architektur muss man diese anwenden, in der Praxis spielte das bisher bei mir keine Rolle.
Neben der Schärfe in den äußersten Ecken sind Farbfehler der größte Schwachpunkt des 7Artisans 50mm f0.95.
Demonstrieren möchte ich euch das Ausmaß an folgendem Beispiel. Der Fokus lag auf der Kirchturmuhr, sodass man hier von einem "Worst-Case"-Szenario ausgehen kann.
Scharfe Hell-Dunkel-Kontraste gegen den Himmel und Fokussierung auf weite Distanz, hier sollte man alle möglichen chromatischen Aberrationen finden können.
Zuerst die Gesamtbilder bei f0.95 - f1.4 - f2 - f2.8 -f4 - f8:
Bereits in den Gesamtbildern lohnt sich ein Blick auf die beiden Kreuze. Sowohl das vor der Schärfeebene liegende linke Kreuz als auch das hinter der Schärfeebene liegende Kreuz auf dem Turm zeigen bis einschließlich f2.8 sichtbare Farbfehler.
Wenn man die Bildmitte vergrößert, sieht man das ganze Ausmaß der Farbfehler:
Bei f0.95 und f1.4 schafft es die Optik noch nicht, genau zu trennen. Deshalb sieht man am Giebel und auch an der Turmkante einen magenta-/lilafarbenen Streifen der über die Kontrastkante "hinausragt".
Bei f2 und f2.8 sieht man nur noch direkt an der Kante etwas Purple-Fringing.
Ab f4 haben wir ein sehr gutes Niveau erreicht und es gibt keine sichtbaren Farbfehler mehr.
Im "normalen" Einsatz sind diese Fehler relativ unauffällig (wer fotografiert schon Architektur bei f0.95 oder f1.4?).
Gelegentlich zeigt sich etwas grünes Bokeh-Fringing. Hierzu ein Bildpaar bei f0.95 auf unterschiedliche Fokusdistanz vom gleichen Standort aus.
Man sieht dies schön am Auto rechts im Hintergrund:
Hier schlägt sich das 7Artisans für ein solch hochlichtstarkes Objektiv mit entsprechend großen Glasflächen sehr ordentlich.
Natürlich kann man in dieser Disziplin JEDES Objektiv schlecht aussehen lassen, wenn man es genug provoziert. Bei "normalen" Aufnahmen hat das 7Artisans hier aber eine sehr vernünftige Figur gemacht. Hier 2 Bilder bei Sonnenaufgang voll gegen die durchscheinende Sonne bei f8:
Man findet leichte Spuren von Ghosting auf der der Sonne gegenüberliegenden Seite.
Voll gegen eine Glühbirne (bei Offenblende) gibt es nur bei bestimmten Winkeln einen Schleier und Kontrastverlust wie im zweiten Bild:
Leider sind Blendensterne aufgrund der abgerundeten Blendenlamellen nur sehr schwer zu bekommen. Man muss maximal abblenden, und selbst dann sind sie nur sehr schwach ausgeprägt.
Dafür überzeugt auch hier das fehlende Ghosting:
Insgesamt also hier eine überzeugende, zeitgemäße Leistung.
Auf weite Distanzen kann das Objektiv mit einer guten Schärfe und schönen Kontrasten überzeugen.
Randscharf ist es dabei schon ab f4, aber für scharfe Bildecken muss man es weiter als f8 abblenden (was ich bei Landschaftsfotos aber ohnehin mache, um genug Tiefenschärfe zu erhalten).
Hier einige Beispiele bei unterschiedlichen Blendenstufen.
Hier habe ich eine kleine Bilderserie aus dem vergangenen Winter für euch zusammengestellt, die die Vielseitigkeit des schönen Objektives gut zeigt. Zuerst einige Fotos des "Wortsegels" im Schneefall (Die Vignette in manchen Bildern stammt leider von einer zu langen Gegenlichtblende, hierfür kann das Objektiv nichts...):
Wenige Minuten später und einige Höhenmeter tiefer sah es im und um den asiatischen Garten in Lebach schon anders aus....
In meinen Augen liefert das Objektiv über alle Blendenstufen eine sehr gute, praxisgerechte Leistung.
Man kann sowohl bei offenen Blendenwerten bildwichtige Elemente gut vom Hintergrund separieren als auch bei starker Abblendung über das ganze Bild scharfe Aufnahmen erhalten.
Dies immer bei guten Kontrasten und schönem Rendering.
Aus dieser Serie noch ein Motiv bei f0.95 und f1.4:
Hier kann man, wie ich finde, gut den Unterschied sehen - wie immer ist es Geschmackssache, was einem besser gefällt:
Weniger Kontrast und etwas Glow bei f0.95, knackigerer Bildeindruck bei f1.4.
Mir gefällt hier das f0.95-Bild sehr gut, but your mileage may vary....
Das 7Artisans 50mm f0.95 ist ein in seinen "Kernkompetenzen" sehr schönes Objektiv für Portraits und zum "Malen" von Details bei offener Blende.
Die Bildschärfe ist im Zentrum schon bei Offenblende gut, und bei geringem Abblenden auf 1.4 schon sehr gut. Ab f2.8 ist sie ausgezeichnet.
Die Bildränder sind ab f4 schon sehr gut, die Bildecken benötigen mehr als f8 um knackscharf zu werden.
Das Bokeh ist auf nahe und mittlere Distanzen sehr schön weich, bei weiten Distanzen muss man etwas auf die Hintergründe Acht geben, da kann es schonmal Outlining geben.
Besonders gefällt mir die Darstellung von Hintergrundhighlights, da man sie gut steuern kann: Für ausgeprägte Catseyes nimmt man Offenblende, geringes Abblenden auf f1.4 macht diese kreisrund bis in die Randbereiche.
Nicht so gut korrigiert ist das Objektiv auf Farbfehler bei offenen Blendenwerten. Vor allem an Kontrastkanten findet man leicht Purple Fringing. Ebenso kann man manchmal grüne Säume im Bokeh finden.
Die Verzeichnung ist sichtbar tonnenförmig, jedoch uniform und gut korrigierbar.
Trotz dieser vorhandenen negativen Aspekte darf man nicht vergessen, dass wir hier von einem hochlichtstarken Objektiv mit f0.95 reden, also einem Objektiv das mit den Grenzen der Optik spielt. Hierfür sind die Fehler erstaunlich gut korrigiert und wir haben eine absolut alltagstaugliche Optik mit "dem Bonus" der extremen Lichtstärken.
Und dies alles zu einem erstaunlich günstigen Preis in sehr schöner Verarbeitungsqualität.
In meinen Augen eine sehr schöne Empfehlung für alle, die ein hochlichtstarkes Portrait-Objektiv für ihre APS-C-Kamera suchen.
Zum Abschluß noch eine Bildergalerie mit einigen Aufnahmen, die ich mit dem Objektiv machen konnte. Über eure Meinungen und Anregungen freue ich mich wie immer, schreibt sie mir gerne unten in den Kommentaren!
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